Travelreport von der Stella Maris, Kiel


Hallo ,

ich bin noch den Bericht über den Abschluss unserer vierjährigen Segelreise schuldig, die uns zu den Kanaren, Kap Verden, dann ins Mittelmeer und Schwarze Meer und zurück führte.

Meinen letzten ausführlichen Bericht schrieb ich von den Azoren. Danach haben wir noch drei Häfen angelaufen, wenn man von einer Nacht in Brunsbüttel im Kanal absieht.

Die erste Etappe – Azoren zu den Scillys war mit 1.200 sm die längste. Wir erwarteten, nach etwa 100 sm in Richtung Nord in die Westwinddrift zu gelangen und dann mit frischen westlichen Winden Richtung Nord voranzukommen. Die ganze Zeit – lange 12 Tage – hatten wir jedoch ein riesiges Hochdruckgebiet über uns, das von den Azoren bis in die Biskaya und Südirland reichte. Es waren zwar gelegentlich Wolkenfelder eingelagert, es kam streckenweise Nebel auf, es gab Nieselregen, aber immer wenig oder keinen Wind. Wir sorgten uns ein wenig, bei Nebel in das strömungsreiche Gebiet der Scillys einzulaufen, aber rechtzeitig wurde der Nebel vertrieben und bei klarer Sicht erreichten wir St. Marys, die Hauptinsel der Scillys.

Auf dem Weg dorthin begleitete uns eines Tages eine große Schule von gewöhnlichen Grindwalen (ca 30 bis 50 Tiere). Sie schwammen etwa eine halbe Stunde neben uns, hatten viele Jungtiere in ihrer Gruppe und die jüngsten schienen an der Seite ihrer Mütter festgeklebt zu sein. Sie veränderten, so schien es, keinen Millimeter ihre Position, wenn Muttern eintauchte und wieder auftauchte. Ein grandioses Schauspiel, wenn die Tiere auch nicht sehr groß waren. Zu Hause habe ich dann im Buch nachgeschaut, sie werden bis zu sechs Meter lang.

Sonst geschah, wie schon gesagt, wenig oder gar nichts, nur dass die Reise sehr lange dauerte und Gottlieb, unser Motor, uns öfter helfen musste, wenn der Wind ganz verschwand.

Mit dem Anlaufen der Scillys wurde mir ein lang gehegter Wunsch erfüllt. Wolfgang war mit Freunden schon 1996 dort gewesen, als ich noch Frondienste in der Firma leisten musste.

Das Klima der Scillys, umgeben von warmem Wasser des Golfstromes, ist besonders mild. Selbst mediterrane Pflanzen, die dort angepflanzt wurden, entwickelten sich prächtig und verbreiteten sich wild. Auf Tresco, einer weiteren Insel haben Mönche eines Klosters schon vor etwa 800 Jahren einen botanischen Garten angelegt, der sich üppig entwickelt hat und auch Ende Juli noch prachtvoll bunt blühte.

Als eine Regenfront angekündigt wurde und der Wind im Kanal von östlichen Richtungen auf West drehte, liefen wir aus. Unser Ziel war Cherbourg. Nach zwei Tagen konnten wir dort fest machen. Das letzte Mal waren wir vor sieben Jahren dort gewesen, als wir von unserer Weltumseglung nach Hause kamen. Kaum hatten wir damals angelegt, kamen fünf Personen vom französischen Zoll an Bord, um etliche Fragen zu stellen, die Untersuchung des Bootes fiel aber eher nebensächlich aus. Die Leute verfielen untereinander in eine heftige Diskussion, als wir nach einem guten Restaurant fragten, weil wir die Rückkehr auf den europäischen Kontinent bei gutem französischem Essen feiern wollten. Schließlich einigten sie sich auf eine Empfehlung und wir haben bei moderaten Preisen wie Gott in Frankreich gespeist. Unser Versuch, dieses Restaurant jetzt wieder zu finden, scheiterte.

Auf dem Weg von den Scillys nach Cherbourg hatten wir plötzlich Abgas in der Kajüte und Wolfgang hörte ein sonst nicht übliches Geräusch am Motor. Im Hafen zeigte sich, dass die Vorkammer einer Düse einen kleinen Riss hatte. Zunächst dachte Wolfgang daran, zu versuchen eine neue Vorkammer aufzutreiben und sich das Spezialwerkzeug zu besorgen, um das defekte Teil auszutauschen. Dann fiel uns ein, dass wir vor langer Zeit ein Zweikomponenten-Reparaturmaterial gekauft hatten, dass zur Reparatur von Metall geeignet war und Temperaturen bis 120 Grad vertragen sollte. Wolfgang probierte, den Riss damit zu schließen und siehe, es funktionierte! Er traute dem Frieden aber nicht und ab sofort durfte der Motor nur noch mit bis zu 2.000 Umdrehungen gefahren werden.

Vor uns lagen noch ca. 500 sm bis Brunsbüttel. Wir liefen also morgens bei ostsetzendem Strom aus. Gegen Mittag sah Wolfgang einen Hubschrauber auf uns zukommen, der uns zweimal umkreiste und dann abdrehte. Von Australien waren wir gewöhnt, dass wir dann auf Kanal 16 angesprochen wurden und nach Daten der Crew und des Schiffes gefragt wurden, hier blieb aber alles still. Abends, ich hatte inzwischen die Wache übernommen, sah ich im AIS ein Boot mit relativ hoher Geschwindigkeit (16 Knoten) direkt auf uns zuhalten. Ich fragte die Details im AIS ab, es sei ein „Behördenschiff“

Eine kurze Info für die Nichtsegler: AIS heißt Automatic Identification System. Seit einigen Jahren sind alle größeren Schiffe (über 300 Tonnen) verpflichtet, ihre Schiffsdaten auf einer UKW Frequenz regelmäßig auszusenden. Aber inzwischen haben auch viele kleinere Schiffe einen solchen Sender (auch die Stella). Die Empfangsgeräte zeigen die Schiffe auf einem Display an.

Also, das Behördenschiff hielt zielstrebig auf uns, reduzierte seine Geschwindigkeit als es uns erreicht hatte und rief uns auf UKW an. Die üblichen Fragen: Letzter Hafen, Zielhafen, Anzahl der Crew, Nationalität etc. Dann schlossen sie den Dialog mit der Bemerkung, sie würden zu uns rüberkommen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie endlich ihr Schlauchboot zu Wasser brachten. Nun weckte ich Wolfgang. Bei so hohem Behördenbesuch sollte der Skipper schon persönlich da sein.

Drei Mann kamen zu uns ins Cockpit, stellten nochmals zum Teil die gleichen Fragen, wollten die Schiffspapiere sehen und dann wollte einer mit Wolfgang in die Kajüte. In der Zwischenzeit erzählte ich, dass wir Besuch vom Hubschrauber hatten und sie bestätigten, dass er vom Zoll gewesen sei. Er habe an Land gemeldet, dass dort ein Schiff unterwegs sei, das offensichtlich für Atlantiküberquerungen ausgerüstet sei. Solche Schiffe sind grundsätzlich auch für Drogenschmuggel geeignet und bei den Franzosen immer verdächtig. Dies erklärte uns auch den Besuch des Zolls sieben Jahre zuvor in Cherbourg.

Die Drogeninspektion in der Kajüte fiel nur mäßig aus, der Zöllner fragte nach unseren Reisen und als Wolfgang von unserer Überquerung des Pazifik berichtete, kam er ins Schwärmen, denn er hatte ein Jahr lang Dienst in Französisch Polynesien gemacht. Sie hatten gemeinsame Erinnerungen.  Ich plauderte derweil mit den verbliebenen Zwei im Cockpit. Nach einer ganzen Weile fragte einer in die Kajüte runter, ob die Untersuchung schon abgeschlossen sei. Antwort: Oh ja, sie würden nur über unsere Reisen im Pazifik reden. Also verabschiedeten sich die Drei, die übrigens alle sehr gut englisch sprachen, einer konnte sogar etwas deutsch. Bei den Besuchen des französischen Zolls hatten wir den Eindruck, dass sie, sobald sie persönlichen Kontakt zu uns hatten, an einer Untersuchung des Bootes nicht mehr interessiert waren. Haben wir einen Greisenbonus oder sehen wir schon so vertrottelt aus, dass man uns nichts Böses mehr zutraut?

Wir setzten unseren Törn fort und erreichten fünf Tage später die Elbmündung und dann auch Cuxhaven.

Unterwegs bildete sich bei mir am Oberkiefer ein Abszess. Vor unserer Weltumseglung hatte uns unser Zahnarzt in seiner Freizeit eineinhalb Stunden Unterricht gegeben, wie wir uns verhalten sollten, wenn an den Zähnen etwas auf einer langen Seestrecke passieren sollte. Einer der Tipps war, sofort Antibiotika zu nehmen. Wir hatten auch eine spezielle Sorte erhalten. Auf der Packung stand: „Zähne“.

Es half so weit, dass wir nach Cuxhaven weitersegeln konnten. Wenn sich etwas zuspitzen sollte, wollten wir einen der zahlreichen Häfen am Wege anlaufen. In Cuxhaven bekam ich schnell einen Termin und das Abszess wurde ausgeräumt und desinfiziert. Inzwischen ist der Zahn, an dessen Wurzel das Übel saß, gezogen.

Bevor wir aber den Hafen von Cuxhaven erreichten, spielte uns das Wetter noch einen bösen Streich. Wir hatten in der Elbe im Grunde handige fünf bis sechs Windstärken von achtern, aber den Strom von vorn. Der Wind war gespickt mit starken Regenböen, die die Sicht auf 50 Meter reduzierten. Auf jeden Fall ließ der Seegang es nicht zu, eine der Selbststeueranlagen einzuschalten. Wolfgang versuchte, zunächst, alleine die Elbe hoch zu fahren. Als er mich schließlich weckte, kam wieder eine starke Regenbö und wir gerieten auf die falsche Seite des Fahrwassers und drohten dort auf die Sände zu laufen. Die Radarcontrol-Einrichtung auf der Elbe rief uns schon an, um uns zu warnen. Aber wir hatten den Fehler bereits selbst gemerkt und navigierten uns wieder auf die richtige Seite des Fahrwassers. Ganz zum Schluss, ca. eine Meile vor dem Hafen, kreuzte etwa 100 Meter vor unserem Bug eine Wasserhose unseren Kurs. So dicht hatten wir das Schauspiel noch nie erlebt. (Muss auch nicht sein).

Wir hatten inzwischen mit unserem Verein einen Zeitpunkt für unsere Ankunft ausgemacht. So segelten wir eines Nachmittags nach Brunsbüttel, am nächsten Tag ging es nach Kiel und durch die Schleusen in die Förde. Wir versteckten uns in Holtenau und gingen dort abends gut essen. Am nächsten Tag pünktlich um 11 Uhr machten wir auf unserem Liegeplatz im Heimathafen fest. Eine große Zahl von Freunden und Klubkameraden begrüßte uns, es gab Sekt und ein kleines Mittagessen.

Dies war ein schöner Abschluss unserer vierjährigen Reise in den Atlantik und das Mittelmeer. 17.000 Meilen und 16 Länder lagen hinter uns. Wir haben viele schöne Orte kennen gelernt und interessante Menschen getroffen und hoffentlich auch einige neue Freunde gewonnen.

Inge Voss und Wolfgang Dinse von der Stella Maris

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Travelreport von der Stella Maris im schwarzen Meer


Istanbul, den 3.9.2011

lange haben wir uns nicht gemeldet. Nun liegt die erste Etappe dieser Segelsaison hinter uns. Am 31. August sind wir wieder in Istanbul angekommen, nachdem wir im Schwarzen Meer an der Türkischen Nordküste bis Trabzon gesegelt sind, dann zurück nach Sinop, von hier nach Yalta in der Ukraine (kürzeste Verbindung). Über Rumänien und Bulgarien dann zurück in den Bosporus. Seit Marmaris, wo wir Anfang Mai aufbrachen, liegen ca. 2100 sm hinter uns.

Unsere Reise kann man in drei Etappen einteilen:

1. Marmaris nach Istanbul
2. Istanbul nach Trabzon – entlang der türkischen Nordküste weit nach Osten
3. Zur Ukraine und dann über Rumänien und Bulgarien zurück nach Istanbul.

Die erste Etappe, von Marmaris nach Istanbul sollte im Mai noch wechselnde Winde haben, der stetig aus nördlichen Richtungen blasende Meltemi fängt in der Regel erst im Juni an. Nun, wir hatten auf unserem Weg nach Norden fast ausschließlich nördliche Winde, teilweise sehr kräftig mit 5 bis 6 Bft und bei nur 20 Grad ein reines Ostseesegel-Gefühl. Wir schafften daher manche Tage nur kurze Strecken und suchten für die Nacht Häfen oder Ankerplätze auf. Einer davon war Pythagoreion auf Samos. Hier ist noch Griechenland, d.h. Alkohol ist erschwinglich und es gibt Schweinefleischprodukte. Außerdem ist dort ein Lidl-Geschäft, mit einem angenehm bekannten Sortiment. Also nach der Ankunft für drei Stunden ein Auto gemietet und zum 8 km entfernten Lidl gefahren und gebunkert. Danach ging es nach Didyma, einer neuen Marina, in der wir uns mit meinem Bruder und Schwägerin trafen, die in der Gegend Urlaub machten. Didyma ist eine Luxus-Marina (Fußbodenheizung im Duschenbereich), liegt dafür in der Mitte von Nirgendwo. Mit dem Mietauto meiner Familie besuchten wir einen großen Apollotempel, unglaublich beeindruckend.

Über einige Ankerbuchten erreichten wir die Dardanellen. Dort mussten wir gegen den üblichen kräftigen Gegenstrom ankämpfen und erreichten abends Canakkale.

Die Meerenge der Dardanellen wird einerseits durch Kleinasien gebildet und auf der europäischen Seite durch die Halbinsel Gallipoli. Im ersten Weltkrieg haben die Franzosen und die Briten, unterstützt durch ein Armeecopsr aus Neuseeland und Australien, versucht, die Dardanellen zu erobern. Ein langer Stellungskrieg auf der Halbinsel brachte allen Beteiligten nur hohe Verluste und nach einigen Monaten zogen sich die Briten und Franzosen zurück. Dass die Stellungen gehalten wurden, schrieben die Türken vor allem einem ihrer militärischen Führer, Mustafa Kemal, später auch Atatürk genannt, zu, der später nach einem Militärputsch die moderne Türkei begründete. Wir haben an einem geführten Ausflug teilgenommen, (außer uns nur Neuseeländer und Australier) die hier die Todesstätten ihrer Verwandten besuchten.

Weiter bei Gegenwind und Gegenstrom, erhielten wir eine Sturmwarnung für das Marmarameer und verankerten einen Tag in einem Hafen. Noch zwei Ankerplätze und am 30. Mai machten wir in der Ataköy-Marina in Istanbul fest. Wir absolvierten das übliche Touristenprogramm mit Hagia Sophia und der ebenso berühmten blauen Moschee. Wir finden, dass der Vergleich nicht sehr glücklich ist. Zwischen der Fertigstellung beider Bauwerke liegen mehr als 1000 Jahre und die Hagia Sophia ist größer und graziler. Die Pfeiler der blauen Moschee sehen dagegen wie Elefantenbeine aus. Der Besuch einer alten christlichen Kirche, ausgeschmückt mit vielen gut erhaltenen Fresken und Mosaiken, weit von den anderen Touristenzentren entfernt, verführte uns dann abends in der Rushhour zu einer Taxifahrt nach Hause. Danach war uns klar, dass wir in Istanbul nicht selbst Auto fahren würden. Ein halsbrecherischer Verkehr, überholen rechts und links, in kleinste Lücken hineindrängen, schnell wieder Gas geben. Wir sind ja schon in einigen Städten dieser Welt gewesen, aber so etwas haben wir noch nicht erlebt. Wir waren froh, heil auf dem Boot angekommen zu sein.

Wir machten mit dem Boot einen Ausflug zu einem Vorort auf dem asiatischen Ufer, um dort ein Navtex-Radio zu kaufen. Den Händler hatten wir auf der Website des Herstellers gefunden und per email Verabredungen getroffen. Dort trafen wir ein türkisches Paar mit ihrem Boot, die 2008 als zehnte Türken von ihrer Weltumseglung zurückgekommen waren. (Heute kommen sie zu uns zum Dinner.) Außerdem Besuchte uns ein junger türkischer Freund dort, der zwar sehr beschäftigt war, aber noch einige Stunden für uns abzweigte.

Am 9. Juni ging es dann wieder los nach Norden. Wir liefen um 5.50 Uhr aus und genossen eine wunderbare Fahrt durch den Bosporus, immer auf der Suche nach einem Neerstrom, denn fast immer setzt der Strom mit ein bis zwei Knoten aus dem Schwarzen Meer nach Süden. Es klappte gut und schon um 11 Uhr ankerten wir in Poyraz, um für unseren geplanten Törn nach Osten an der türkischen Nordküste Kraft für den seit Tagen aus NE wehenden Wind zu schöpfen. Welch gute Idee! Morgens hatten wir SE- Wind, der bald auf N und NW drehte und auffrischte, so dass wir in rascher Fahrt in 32 Stunden 160 sm zurücklegten. Bei inzwischen auf 7 Bft aufgebristem Wind und einer unangenehm steilen und kurzen See liefen wir den hübschen Hafen Amasra an.

So kann ich nicht weiter schreiben, der Bericht würde viel zu lang. Also ein wenig kürzer gefasst!

Die Nordküste der Türkei sowie die Küsten aller anderen Länder am Schwarzen Meer unterscheiden sich grundlegend von den Küsten an und in der Ägäis. Das Schwarze Meer hat nur ganz wenige vor allen Winden geschützte Ankerbuchten. Insbesondere an der türkischen Küste hat man daher viele Fischereihäfen durch den Bau großer Steinmolen angelegt, so dass große Hafenbecken entstanden, in denen man entweder an einem Kai anlegen oder im Hafen ankern kann. In Amasra z. B. ankerten drei Yachten gleichzeitig.

So schipperten wir von Hafen zu Hafen, legten an oder ankerten, bis wir Samsun erreichten. Hier gab es den ersten und einzigen Yachthafen der türkischen Nordküste. Ein bisschen teuer – 30 Euro pro Nacht für die kleine Stella – dafür keine Leistungen: schmutzige Toiletten, nur kalte Duschen, nachts keine Beleuchtung im Hafengelände.

Wir segelten weiter bis Trabzon und dann wieder zurück nach Sinop, wo wir ausklarierten und uns auf den Weg nach Yalta (Ukraine) machten.

Wie auch in den folgenden Ländern, machten wir an der türkischen Küste Landausflüge. Von Ibenolu fuhren wir mit einem Bus nach Kastamonu, einer alten Stadt mit Burg, alten Moscheen und alten türkischen Wohnhäusern. Interessant war es, auf dem Weg dorthin, eine etwa 30 km lange Drahtseilbahn zu einem Erzabbaugebiet (Kupferkies) hoch in den Bergen zu verfolgen. Mit dieser Seilbahn wurde früher das Erz zum Hafen gebracht. Die Seilbahn ist kaputt, heute fahren schwere LKW.

Von Samsun fuhren wir mit einem Bus nach Amasya, einer sehr alten Stadt. Wir hatten sie schon mal vor mehr als 25 Jahren besucht, aber es war schön, die Erinnerungen aufzufrischen.

Einen letzten Ausflug machten wir von Trabzon aus. Hoch im Küstengebirge liegt in einem engen und steilen Tal oberhalb der Baumgrenze an den Hang geklebt eine Klosteranlage. Diese Gegend war bis 1923 weitestgehend von Griechen besiedelt.

Am Bemerkenswertesten sind aber die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Menschen. Einige Beispiele: In Samsun wollten wir mit der Straßenbahn in die Innenstadt fahren. An der Haltestelle wo wir einsteigen wollten, gab es keinen Automaten, um den Fahrpreis zu bezahlen. Offensichtlich saß auf dem Bahnsteig ein Mitarbeiter der Straßenbahngesellschaft, der mit einem Ausweis uns Zutritt zum Bahnsteig verschaffte, uns mit dem nächsten Zug begleitete und uns sagte, wo wir aussteigen sollten. Ein andermal begleitete uns ein  Mitarbeiter der Touristinformation persönlich zu einem schwer zu beschreibenden Ziel.

In Samsun hatten wir einen Arzt kennen gelernt, der am Segeln sehr interessiert ist und gut englisch spricht. Er fragte uns, ob er ein kurzes Stück bei uns mitfahren könne. Wir verabredeten uns in einem Hafen etwa 15 sm vor Sinop, wohin er kam und uns nach Sinop begleitete. In der Zwischenzeit waren bei uns zwei Probleme entstanden. 1. Wir hatten viel Angelsehne in der Propellerwelle und Wolfgang fürchtete für das Wellenlager. 2. Die Dichtung des Getriebes vom Bugstrahl war offensichtlich kaputt, denn das Öl aus dem Reservebehälter war ausgelaufen, eine Nachfüllung verbreitete unverzüglich einen Ölfleck auf dem Wasser rund ums Schiff. Wir meinten, die Stella müsse an Land, aber wo? Zurück nach Samsun? Unser Freund telefonierte. Raus aus dem Wasser und wieder rein je 1.000 Euro, indiskutabel. Sinop, unser Ziel: Autokran, Holz für das Aufpallen, Mechaniker für die Reparatur des Bugstrahls, alles für weniger als die Hälfte als in Samsun. Noch abends vergaben wir die Aufträge für den nächsten Morgen. Um 10.30 Uhr war der Autokran da, um 13.30 Uhr schwamm die Stella repariert wieder.

In den anderen Orten waren immer wieder Menschen hilfsbereit, suchten zum Teil in ihrer Umgebung nach Bekannten, die Sprachkenntnis hatten, waren uns behilflich eine gute Anlegestelle zu finden. Man fühlte sich willkommen. Einige wenige weniger schöne Erlebnisse gab es auch, einmal kamen in einem Hafen zwei angetrunkene junge Fischer mit ihrem Boot bei uns längsseits, wir gaben ihnen je eine Dose Bier, danach wollten sie eine Zweite haben, die es nicht gab. Dann fragten sie nach Zigaretten und dann nach Dieselöl. Erst als wir in die Kajüte gingen, banden sie ihr Boot wieder los. In einem anderen Fall lagen wir längsseits an einem Fischerboot, zwei Youngsters kamen, um die Stella zu beschauen. Wolfgang lud sie an Bord ein. Nun wurden sie sehr schnell unverschämt. Da sie nicht englisch sprachen bedeuteten sie uns, etwas zu essen oder zu trinken haben zu wollen, dann waren es Zigaretten. Sie bekamen nichts. Ich bat sie schließlich das Boot zu verlassen, darum kümmerten sie sich nicht. Wolfgang wiederholte die Aufforderung, das wirkte. Auf dem Fischerboot stehend, begann der eine uns zu drohen, durch Gesten erklärte er, dass alles dort seinem Vater gehöre und dass wir kein Recht hätten, am Schiff längsseits zu liegen. Er könne unsere Leinen los werfen. – Nach unserem Abendessen verließen wir den Fischer und ankerten für die Nacht im Hafen. In einem anderen Hafen kamen wir spät abends an, suchten nach einer Anlegemöglichkeit oder einen Ankerplatz, als wir von Seglern an einen kleinen Steg gewinkt wurden. Mit Buganker und Heckleinen machten wir fest, die Heckleinen gleich auf Slip. Morgens wollten wir früh starten und stellten fest, dass unsere Heckleine durch eine zweite Leine fest am Poller angebunden war. Also ein wenig Ankerkette gesteckt, Wolfgang geht an Land und tütelt die Festbindeleine los. Da wird auf dem Nachbarboot jemand wach und verlangt zwanzig Euro „Hafengeld“ für die Nacht. Wir waren sehr ärgerlich und sind ausgelaufen. Am Abend vorher war von Hafengeld keine Rede gewesen.

Dies waren aber wirklich alle schlechten Erfahrungen auf unserem langen Weg an der türkischen Nordküste ( knapp 800 sm).

165 sm und wir erreichen Yalta am frühen Morgen. Wir sind mit einem Agenten verabredet, der uns für 220 US$ beim Einklarieren behilflich sein will. Um 11.00 Uhr können wir in den Hafen verholen, vorher waren die Behörden mit einem gerade eingelaufenen Kreuzfahrer beschäftigt. Nach ca. zwei Stunden ist alles erledigt, es sind ca. gefühlte 200 Blatt Papier (tatsächlich wohl 75 Blatt) produziert worden, die Wolfgang alle unterschreiben und stempeln muss. Wir dürfen uns 19 Tage in der Ukraine aufhalten, dürfen aber nicht die 12-Meilen Zone überschreiten, müssen in einer Teilstrecke nahe Yalta mehr als drei Meilen vom Ufer wegbleiben (hier haben ukrainische und russische hohe Politiker ihre Sommerhäuser) und müssen uns morgens und abends über UKW bei „Lebed“ der Küstenwache melden. Die antworten aber nie, vielleicht nur, wenn man sich nicht meldet. Nach dem Einklarieren laufen wir in Yalta unverzüglich aus, (es gibt dort keinen einzigen brauchbaren Liegeplatz für Yachten) und verholen nach Balaklava. Mit GPS ist es einfach, den Hafen anzulaufen, aber ohne hätte man wohl so seine Schwierigkeiten. Man fährt auf eine scheinbar geschlossene Felswand zu, in der sich, wenn man ihr nahe kommt eine Öffnung auftut, die aber durch eine zweite Felswand dahinter verschlossen zu sein scheint. Wenn man jedoch drin ist, öffnet sich nach Steuerbord ein Fahrwasser und man ist in einer großen, absolut sicheren Bucht mit einer Ortschaft und vielen Hafenanlagen sowie mit einer Marina.

Von Balaklava aus schauen wir uns Sevastopol (ca. 30 Min mit dem Bus), Yalta und Bachsysaray, der alten Hauptstadt des Tatarenreiches an. Balaklava selbst war zur Zeit der Sowjetunion eine verbotene Stadt, die auf vielen Karten gar nicht verzeichnet war, denn in dem in den Felsen gehauenen Wasserkanal wurde die Ubootflotte geparkt. Heute ist der Bereich ein Museum, das wir auch besichtigten. Yalta mag einst ein schöner Ort gewesen sein, heute schien er uns von russischen und ukrainischen Billigtouristen überlaufen zu sein, wenn er auch seine historische Bedeutung behält und die dazu gehörenden alten Bauten.

Sevastopol ist eine Stadt mit vielen Parks und vielen Denkmälern für berühmte Leute und etlichen Buchten. Ein schöner Ort. In Bachsysaray gibt es einerseits den Palast der Tatarenfürsten, der im frühen 16.Jahrhundert erbaut wurde, und in dem Katharina die Große nach der Eroberung der Krim durch die Russen Hof gehalten hat. In der Nähe gibt es so genannte Höhlenstädte aus dem 6. Jahrhundert. Die Menschen lebten am Rand von Hochplateaus und hatten an den Abhängen dieser Plateaus Höhlen in den Fels gehauen, die sie als Vorratsräume nutzten. Wir baten junge Leute, die vor dem Palast Auskünfte erteilten, uns ein Taxi zu besorgen, um uns dorthin fahren zu lassen. Nach einer Weile kam ein alter russischer Jeep. Die Piste, die wir fahren mussten beanspruchte nicht nur unsere Knochen und Sitzflächen sonder schüttelten das Auto auch kräftig durch. Das Dorf, das wir mit seinen Höhlen und der Ortsbefestigung besuchten, war schon beeindruckend.

Dann ging es in nicht zu großem Abstand entlang der Küsteder Krim, z.T. den Buchten folgend, um die 12 Meilenzone nicht zu verlassen, Richtung Odessa. Wir verankerten zwei Nächte in denen wir von Land mit lauter Musik beschallt wurden (Badeorte) und glaubten, einen Dritten Ankerplatz vor Odessa erreichen zu können. Aber dann brach eine Gewitterbö über uns herein, wir drehten für eineinhalb Stunden bei. Ganz schnell hatte sich eine unangenehme kurze und steile See aufgebaut, die genau daher kam wohin wir wollten. Den Ankerplatz zu erreichen, war ausgeschlossen, wir beschlossen, nach Odessa durchzusegeln. Der Wind nahm laufend ab, bis nach ca. fünf Stunden totale Flaute herrschte. Wir motorten durch eine Nacht, in der es auf allen Seiten blitzte und donnerte. Es war ein grandioses Schauspiel. Gegen Mittag des nächsten Tages erreichten wir Odessa. Über UKW angemeldet, wurden wir von drei Herren erwartet und an einen Kai gewinkt. Als sie hörten, dass wir schon in Yalta einklariert waren, verließen sie uns sofort, sagten aber, dass wir im Boot bleiben sollten.

Als sich nach einer Stunde nichts getan hatte, begann ich auf dem Arbeitskanal von Port Control lauthals zu schimpfen. In weniger als 5 Minuten kam jemand und bat Wolfgang mit den üblichen Unterlagen, ihm zu folgen. Als er nach einer Stunde noch nicht zurück war, rief ich nach bewährtem Muster nochmals Port Control. Es war Wolfgang, der sich gleich meldete. Sie meinten, sie müssten in unseren Unterlagen noch einen Einreisestempel anbringen, aber von der Grenzpolizei war niemand zu finden. Wolfgang sagt, er sei mit einem Begleiter durch lange Gänge geirrt, aber alle Türen waren verschlossen oder es war niemand in den Räumen. Nach über zwei Stunden fand sich jemand, der die Crewlist stempelte.

Nun konnten wir uns Odessa erobern.

Um in die Stadt zu kommen, musste man zunächst allerdings ca. 250 Stufen erklimmen und zwischendurch etwa 50 Stufen hinunter gehen. Auf dem Weg zum Boot drehte sich das Verhältnis um. Dies war in sofern angenehm, weil es Einkaufsmöglichkeiten nur in der Stadt gab. So ging es wenigstens vorwiegend abwärts, wenn man den Proviant zu schleppen hatte. Der größte Teil der Stufen wurde von der Potemkinschen Treppe (192 Stufen) gebildet. Die Treppe hat diesen Namen erhalten, weil in dem berühmten Film „Panzerkreuzer Potemkin“ acht Minuten lang diese Treppe gezeigt wird, wie ein Kinderwagen sie hinunterrollt und gleichzeitig Menschen fortlaufend getötet werden.

Odessa ist eine sehr junge Stadt. Sie wurde erst 1793 gegründet, die Strassen verlaufen streng rechtwinklig zueinander. Es gibt viele Häuser mit stark verzierten Fassaden in den verschiedensten Architektur–Richtungen.

Auch in der Ukraine gab es viele hilfreiche Menschen. Als wir im Dunkeln von Bachsysaray nach Sevastopol zurückkehrten und den Weg zum Busbahnhof, von dem die Busse nach Balaklava fuhren, nicht kannten, sprachen wir im Bus junge Leute an, die englisch konnten. Eine junge Frau, die ein Stück den gleichen Weg hatte, nahm uns mit zum richtigen Bus. Dann hatte sie Zweifel, ob wir an der Endstation dieses Busses unseren Anschlussbus finden würden und erbot sich, uns zu begleiten. Als wir dies nicht annahmen, gab sie uns ihre Handy-Nummer. Wann immer wir Probleme hätten, sollten wir sie anrufen. Inzwischen hatten die letzten Fahrgäste im Bus mitbekommen, dass wir nach Balaklava wollten und zeigten uns an der Endstation den Weg zu unserem Bus, den wir aber schon lange selbst gut kannten.

Auf einem Nachbarboot in Odessa war Alex der Skipper, der ein wenig englisch verstand. Er half uns in allen erdenklichen Dingen. Mein Internetmodem, in Balaklava erstanden, stellte seinen Dienst kurz nach Verlassen von Balaklava ein. Alex fuhr mit seinem Motorroller dreimal in das Büro der Firma, die nach Rücksprache mit dem Hauptsitz in Kiew, das Modem so umprogrammierte, dass es nun in der ganzen Ukraine arbeitete. Als wir ihn nach einer Wäscherei fragten, erbot er sich, unsere Wäsche in die Stadt zu bringen. Als wir sie am nächsten Tag zurück erhielten, konnte er keinen Preis nennen, die Wäscherei hätte erst in drei Tagen liefern können, so hat unsere Wäsche seine Frau zu Hause gewaschen.

Auf dem Weg nach Odessa hörten wir ein zunehmendes Geräusch in der Übertragung des Motors zur Propellerwelle. Dem musste in Odessa auf den Grund gegangen werden. Wolfgang fand auch schnell die Ursache, eine verschlissene Vielkeil-Welle. Mit Hilfe einer speziellen Scheibe, (außen dicker als innen) glaubte er, den Schaden reparieren zu können. Er machte also von der benötigten Scheibe eine Zeichnung, nun brauchten wir nur noch eine Werkstatt, die sie herstellen konnte. Wie immer machte der Dienst tuende Hafenmeister seine Runde und fragte uns, ob wir Probleme hätten. Wolfgang sagte ja und wollte gerade schildern, was wir brauchten, da meinte der Hafenmeister, dass er davon nichts verstände, aber er würde seinen Ingenieur schicken. Der kam nach ca. 30 Minuten, sprach kein Wort englisch, verstand aber die Zeichnung sofort und mit Wolfgangs russischen Brocken ging alles gut. Nach drei Stunden kam der Ingenieur mit der fertigen Scheibe zurück, wollte nur 10 Euro haben und keinen Cent mehr. Der Antrieb arbeitet wieder ohne zusätzliche Geräusche.

Gleich am ersten Tag in Odessa erfuhren wir, dass einige Tage später im Opernhaus Schwanensee von Tschaikowski aufgeführt werden würde. Wir konnten noch Karten bekommen und hatten einen wunderbaren Abend. Das Orchester und die Solisten waren großartig, unter den Tänzern stach besonders die Primaballerina hervor, ihr Solopartner hingegen war deutlich schwächer.

Aber Odessa hatte natürlich auch seine Schattenseiten. Am Tag vor unserem Ausklarieren erfuhren wir über Skype von einem Bericht eines deutschen Seglers, der im Jahr zuvor 100 US$ Schmiergeld nach Aufforderung gezahlt hatte, um das Ausklarieren zu beschleunigen. Wir lasen schnell den Bericht im Internet und beschlossen, wenn möglich, eine solche Zahlung zu vermeiden. Also ging Wolfgang gewappnet zum Ausklarieren zum Zoll und zur Grenzpolizei, die im Vorjahr das Geld gefordert hatten. Er ignorierte die Aufforderungen (fifty, fifty) sagte schließlich deutlich „no“. Das Ausklarieren dauerte so zwar viel länger, aber wir erhielten alle Stempel. Ganz zum Schluss, als wir schon die Auslaufgenehmigung von Port-Control hatten, fragte ein Grenzpolizist nochmals „fifty, fifty ?“,. Unser striktes nein, ließ ihn ohne das Geld abschieben.

Nach einem „over-night-törn“ ereichten wir am nächsten Tag Sulina in Rumänien und die Stella schwamm auf den Wellen der schönen blauen Donau, die hier aber braun und lehmig aussah. Bis Istanbul waren wir nun in der EU und das Ein- und Ausklarieren ging ganz einfach, in Bulgarien noch einfacher als in Rumänien. Nur die Gemeinde Tsarevo in Rumänien hat sich zu Strandräubern entwickelt. Sie sind der letzte Hafen vor der Türkei, in dem ausklariert werden kann. Fast jeder läuft es an. So kassieren sie von jedem Boot, egal wie groß und wie wenige Stunden man bleibt, 30 Leva, das sind etwa 15 Euro. Wir blieben etwa eine Stunde.

In den EU Staaten konnten wir uns frei bewegen. Wir mieteten in beiden Ländern Autos und machten Ausflüge ins Hinterland. In Rumänien besuchten wir Transsylvanien (früher Siebenbürgen) und machten auch einen Besuch bei Drakula. In Bulgarien besuchten wir einige historisch erhaltene kleine Dörfer und zwei archäologische Stätten, die ziemlich „alt“ waren, so 6.000 und 4.000 Jahre.

Im Donaudelta, von Sulina aus, ließen wir uns mit einem kleinen Boot fünf Stunden durch die verzweigten Kanäle, Flussarme und Seen des Deltas fahren. Dabei konnten wir Pelikane, große und kleine Reiher und Eisvögel (Kingfisher) sehen. An dem Donaumündungsarm, an dem Sulina liegt, konnte man die zunehmende Verlandung sehen, da die alten Leuchttürme, die einmal an der Mündung standen, jetzt noch im Binnenland erhalten sind. Mit einer Fähre waren wir Stromauf zu einer Kleinstadt gefahren, um noch mehr vom Land zu sehen.

Teilweise sind die Orte voller Leben, die Gebäude sind restauriert oder es gibt Neubauten. Besonders in Rumänien sind uns jedoch Ortsteile aufgefallen, die heute noch schlimmer aussahen als manche DDR Städte gleich nach der Wände. Insgesamt machte Bulgarien auf uns einen besseren Eindruck.

An der türkischen Nordküste hatten wir nur vier ausländische Yachten getroffen, aber niemals länger in einem Hafen gemeinsam verbracht. Es blieb also meist bei einem kurzen „Hallo“ oder einem kurzen Schnack auf See. In Rumänien trafen wir dann wieder auf mehr Segler und es gab zunehmend einheimische Segler. In Sozopol, dem vorletzten Hafen in Bulgarien, waren dann plötzlich vier Langstreckensegler gleichzeitig dort (ein amerikanischer Einhandsegler, ein kanadisches Ehepaar, ein deutscher Segler aus Hannover und wir). Außerdem war der Stützpunktleiter von Trans-Ocean aus Varna dort, der uns an zwei Abenden auf sein Boot zu Pot-luck-parties einlud (es gab bei ihm viel Platz).

Über die Hilfsbereitschaft der Rumänen und Bulgaren liesse sich viel sagen, deshalb will ich nur zwei Erlebnisse schildern. In Sulina suchten wir eine Duschgelegenheit und entdeckten im Landreiseführer einen Hinweis auf eine Pension die Zimmer mit Gemeinschaftdusche bereithielte. Da nur eine Telefonnummer und keine Anschrift angegeben war, fragten wir den Mitarbeiter der Hafenbehörde, der sich um die Segler kümmerte, ob er die Anschrift kenne. Wolfgang sagte ihm auch, dass wir versuchen wollten, dort zu duschen. Aber warum wir dorthin wollten, wir könnten doch auch bei ihm duschen. So nahm er uns in seine Wohnung mit, wir duschten. Geld wollte er nicht.

In Constanta wurden uns von einem einheimischen Stegnachbarn zwei Restaurants empfohlen. Wir besuchten beide. Im Zweiten aßen wir gut und wollten schließlich bezahlen. Statt der Serviererin kam ein junger Mann, stellte sich neben unseren Tisch und meinte, er könne uns keine Rechnung geben, die sei nämlich schon bezahlt. Ich hoffe, dass wir ihn nicht mit offenen Mündern angestarrt haben. Auf unsere Frage, wer dies getan habe, sagte er, das Haus hätte dies getan. Wir haben ihn wohl sehr zweifelnd angeschaut, denn beim Hinausgehen trafen wir noch den Geschäftsführer, der uns freundlich zunickte und meinte dass alles ok sei. Warum uns dies widerfahren ist, wissen wir bis heute nicht, wir hoffen nur, dass sie nicht den Eindruck hatten, dass wir so bedürftig seien.

Es gäbe noch viel zu erzählen, aber besonders bemerkenswert war unsere Ankunft in Istanbul Nach einem Nachttörn von Tsarevo erreichten wir an einem Mittwoch Nachmittag unsere Marina auf dem asiatischen Ufer. Hier erfuhren wir, dass es heute für das Einklarieren zu spät sei und der nächste Tag Bayram sei, einer der höchsten islamischen Feiertage. Alles sei geschlossen. Die meisten machten auch noch am Freitag zu, dann käme das Wochenende. Wir könnten erst am Montag einklarieren. Dies schien uns ein wenig unwahrscheinlich. Also riefen wir eine Bekannte an (Türkische Weltumsegler, die in einem Hafen in der Nähe lagen und gut englisch sprechen) und fragten sie, ob das stimmen könne. Sie telefonierte ein wenig und teilte uns mit, dass die Kammer für Schifffahrtsangelegenheiten mindestens am Freitag Vormittag geöffnet habe, alle anderen Behörden seien 7 Tage die Woche offen. Bei der „Kammer“ muss man das Transitlog kaufen und sie geben ein paar Daten in den Computer ein. Den Freitag verbrachten wir so:

1. 9.30 Uhr start zur Fähre nach Europa
2. 10.30 Uhr Erwerb des Transitlogs bei der Schifffahrtsbehörde. (Ca. 50 Euro).
3. Zurück zum Fähranleger, dort ist die Gesundheitsbehörde. Warten, andere sind schon vor uns da, aber der erste von 5 Stempeln wird auf das Transitlog gedrückt.
4. Suchen nach Grenzpolizei und Zoll. Neben der Gesundheit ist das Cruiser-Terminal mit beiden Behörden – Ach wäre das schön, wenn sie zuständig wären! Wir lernen: liegt das Schiff in Asien, dann sind Polizei und Zoll in Asien zuständig. Die Behörden sind irgendwo im Industriehafen
5. Zurück zur Fähre und rüber nach Asien. Angekommen versuchen wir zu erfahren, wo dort Polizei und Zoll sind. Keiner weis es, aber ein Seemann von einem Schlepper spricht wenigstens englisch. Er schleppt uns zum Kommandanten des Docks.
6. der Dockkommandant telefoniert ca. 30 Minuten, dann wissen sie, wohin wir müssen.
7. Der Seemann schleppt uns durch den Handelshafen ca. 15 Minuten in brütender Sonne. Wir erreichen die Polizei, und nach einer weiteren längeren Zeit erhalten wir den Zweiten Stempel.
8. Nun zum Zoll, ein Stück des Weges zurück. Niemand da, aber ein Zettel an der Tür mit einer Telefonnummer. Unser Seemann telefoniert, der Zöllner wird in zwei Stunden wieder da sein. Also zurück zum Fähranleger. Es ist jetzt 14 Uhr. Ich habe seit dem vorhergehenden Abend nichts gegessen, mir hängt der Magen in der Kniekehle.
9. Unser Seemann bringt uns in ein Lokal. Wolfgang hat seinen Tee noch nicht getrunken, kommt der Seemann und holt uns. Der Zöllner ist da und wartet auf uns.
10. Der Zöllner fährt mit uns drei zur Polizei, dort erhalten wir den Stempel des Zöllners auf das Transitlog, der Zöllner fährt uns wieder zum Fähranleger.
11. Mit der Fähre rüber nach Europa. Den Hafenmeister gesucht, wir haben nur eine wage Beschreibung, wo das Amt sein soll. Wir irren herum, fragen, schließlich gibt uns jemand eine genaue Angabe (gegenüber einer Moschee in einem blauen Haus).
12. Wir erhalten den letzten notwendigen Stempel. Zurück zur Fähre, rüber nach Asien und noch mal zur Polizei. Sie braucht eine Seite von dem vielseitigen Transitlog.
13. Es ist inzwischen spät, unser Seemann ist weg, wir nehmen ein Taxi, zeigen auf dem Stadtplan, wohin wir wollen. Ok,Ok und los geht’s, zu dem falschen Ort. Wir erklären noch mal, wohin wir wollen, nun findet das Taxi das Tor zum richtigen Hafengelände. Der Pförtner erklärt dem Taxifahrer, wo die Polizei sitzt. Wir fahren hin, der Polizist bekommt sein Blatt Papier, wir bekommen jeder eine frische, gut schmeckende Feige, es ist kurz vor 19.00 Uhr.
14. Wir bitten den Taxifahrer, uns zur Marina zu fahren.
15. Wir sind einklariert!!!!!!!!
16. Wir haben uns etwa 400 Euro verdient, so teuer soll ein Agent in Istanbul sein, vielleicht waren es auch nur 350, denn etwa 50 Euro haben wir für Transportmittel ausgegeben. Wir denken, dass es sich gelohnt hat, nicht nur wegen des Geldes sondern auch wegen der neuen Erfahrungen.

Zwei Dinge möchte ich noch erwähnen. Im Schwarzen Meer gibt es sehr viele Delfine, sie begleiteten uns fast täglich für einige Zeit. Vielleicht liegt es daran, dass zumindest die Türken ein striktes Fangverbot von März bis Ende August verhängt haben. Nur kleine, offene Boote dürfen dicht unter der Küste fischen. Auch in der Ukraine und in Rumänien sind uns keine Fischer begegnet. Erst in Bulgarien fischten dann wieder einige größere Boote.

Wir haben uns öfter gefragt (und wurden gefragt) ob es sich lohne, im Schwarzen Meer zu segeln. Wir können nur mit Einschränkung „Ja“ sagen. Man darf nur keine falschen Erwartungen haben, sich auf Ankerbuchten wie an der türkischen Mittelmeerküste freuen.

Das Schwarze Meer ist anders, es hat nur wenige einheimische Segler, nur wenige fremde Segler kommen, daher auch keine Investitionen in Marinas oder Duschen. Den berüchtigten unangenehmen Seegang haben wir auch einige Male erlebt, aber wenn man in den Monaten Juni bis August dort segelt, ist es wirklich selten.

Eine schöne Saison ist vorbei.

Ich habe lange für den Bericht gebraucht. Heute ist der 9. September. Wir sind in Canakkale an den Dardanellen, wir haben schon ausklariert, morgen soll es um 6.30 Uhr nach Griechenland gehen.

Im November wollen wir die Kanarischen Inseln erreichen und dann für einige Wochen nach Hause fliegen. Wir freuen uns darauf, mit einigen von Euch wenigstens ausgiebig zu telefonieren. Oder besser noch einige persönlich zu treffen.

Viel Grüße,
Inge und Wolfgang von der Stella Maris

Stella Maris im schwarzen Meer


Hallo,

wir sind in Samsun und segeln heute weiter Richtung Trabzon.

Inge und Wolfgang